Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Durchs Tal der Ilse zur Waldgaststätte Plessenburg 12.04.2025 Es ist Wochenende, Samstag, Schulferien und endlich ein waschechter Frühlingstag angekündigt. Da zieht es das mit Verdruss vollgepumpte Volk aus den vier Wänden, weg von der Glotze, hinaus in die Natur. Rentner inbegriffen. Nach längerer Wanderabstinenz haben meine Knochen wieder Lust auf Bewegung, stille Wege, steile Pfade und jede Menge Ruhe mit frischer Luft. Also fahre ich zum Wanderparkplatz Ilsenburg, wo sich die Wandermeute aus Nah und Fern trifft. Das hätte ich wissen können, einen Stehplatz für meine Karosse finden ich trotzdem. Man startet in kleinen Gruppen, in Familie, mit Freunden und ich eben allein, irgendwie mittendrin, im Pulk. Zunächst erst einmal raus aus dem Ort, einen knappen Kilometer bis zum Waldhotel „Am Ilsestein“. Diese Strecke ist langweilig, aber gut zum Einlaufen. Mein Bewegungsapparat ist völlig aus der Übung, kommt aber bis zum Waldhotel wieder in die Gänge. Dahinter beginnt quasi das eigentliche Wandervergnügen, dann ab dem Zanthierplatz, über dem das Kreuz vom Ilsestein thront, läuft man dem Wasserlauf entgegen. Dessen permanentes Rauschen wird zum ständigen Begleiter bis hinauf zur Bremer Hütte, oberhalb der Ilsefälle. Hier unten im Tal schlängelt sich das Flüsschen zwischen Steinen abwärts. Manchmal träge, dann stürmisch laut. An einer der ersten Brücken lasse ich einen Harzstein zurück und weiter oben, am Platz der Steintürme, noch zwei weitere. Ich habe genügend Zeit, um die wilde Natur hier zu bestaunen. Bei jedem Besuch sieht es etwas anders aus. Heute sehe ich noch mehr gefallene Baumriesen kreuz und quer liegen. Dieser Anblick wird sich weiter oben an den Ilsefällen leider wiederholen. Dennoch strahlt diese Wildheit einen besonderen Reiz aus. Am Heine-Gedenkstein am steilen Ilseufer bitte ich einen Wanderer, von mir ein Erinnerungsfoto zu knipsen, ehe ich über Steine und knorrrige Wurzeln dem Pfad aufwärts folge. Aus dem Hang sprudeln kleine Wasserläufe, die den Boden glitschig machen, um dann in eine der zahlreichen Wasserkaskaden zu fließen. Die Zeit vergeht dabei unmerklich. Als sich der Blick öffnet, kann ich den Brocken sehen und direkt vor mir, nun schon zur Mittagsstunde, die Bremer Hütte. Unterhalb vom Brockenplateau kann man zudem die Rauchfahne der Brockenbahn entdecken. Zeit für eine Rast. Im Schatten der Schutzhütte sitzen wir zu viert und kommen ins Gespräch. Als ich hier einen Harzstein zum Finden ablege, nimmt mir einer der Wanderer einen zweiten Stein ab. Er soll weiter oben am Brocken einen Platz finden. Wir verabschieden uns. Die drei wandern zur Stempelsbuche und dann auf dem Kolonnenweg zum Brockengipfel. Mein Weg führt gegenüber ebenfalls aufwärts mit dem Ziel „Waldgasthaus Plessenburg“. Auf dem Weg in der Höhe ballert mir eine knappe Stunde lang die Sonne auf die Platte. Das ist im Frühjahr besonders gefährlich. Wieder einmal werde ich überholt, denn ich lasse mir genug Zeit, die Umgebung zu entdecken. Gesteinsformationen, gefallenen Baumriesen, große Felsenklippen und der weite Blick über die Berge ins Tal nehmen meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Weil hier der Wald verschwunden ist, kann man viel sehen, was vor Jahren dem Blick des Wanderers verborgen blieb. So die Paternosterklippe, als auch den Ilsenstein an den Berghängen gegenüber. Dort werde ich später sein. Der Weg zur „Plessenburg“ führt noch einmal auf einem schmalen Pfad über eine Bergkuppe. Dann endlich ist die Gastlichkeit erreicht und die ist, an diesem herrlichen Frühlingstag, restlos voll. Ich finde dennoch ein Plätzchen zum Verweilen. Nach mehr als drei Stunden und zwei Drittel der Wanderstrecke kann ich eine Pause gut vertragen. Die Rast ist kurz, denn die Bedienung ist mit der Ausgabe von Speisen, Kuchen und Getränken gnadenlos überfordert. Wie meist habe ich eigene Verpflegung dabei, muss mich nicht anstellen. Ohne einen Harzstein zu hinterlegen, ziehe ich schon bald weiter zur Paternosterklippe. Der Weg dorthin, nun auf der anderen Seite des Talhanges sowie immer noch unter praller Sonne, wärmt meine Platte weiter auf. Meine Klamotten sind inzwischen total durchgeschwitzt. An der Paternosterklippe gönne ich mir noch einen weiteren Blick hinüber zum Brocken, um sofort den anderen Wanderern zum Ilsestein zu folgen. Von jetzt an geht es all die vielen Meter wieder abwärts, die ich mir vorher erwandert hatte. Nach fünf Stunden erreiche ich die „Verpflegungsstation“ am Ilsestein. Hier gönne ich mir, nun im Schatten sitzend, eine kalte Cola mit Bockwurst. Die letzten zwei Kilometer geht es auf einer Schotterpiste runter ins Tal. Das Laufen auf den kantig-spitzen Steinen ist irgendwann durch das Schuhwerk zu spüren und landet, weil es ständig bergab geht, in den Knien, im Becken, um sich im Rücken zu verfestigen. Scheiß-Alter! In der kleinen Hütte an der Spitzkehre klemme ich noch einen Wanderstein zwischen zwei Bretter, ehe mich diese steinerne Schotterpiste wieder quälen darf. Ich bin froh, als ich, unten angekommen, wieder normal gehen kann, keine Stöße mehr im Rücken spüre. Bis zum Wanderparkplatz sind es noch zehn Minuten. Nach sechs Stunden, 13 Kilometern und 300 Höhenmetern, rauf und runter, rolle ich wieder langsam durch‘s Harzstädtchen der Piste entgegen - ziemlich platt, aber glücklich, am „Volkswandertag“ im Ilsetal teilgenommen zu haben.